
Cleat-Spacer im Bikefitting: Millimeter, die den Unterschied machen
Nils KehrbergDie erste dreiviertel Stunde bei unseren Bikefittings sind wir überhaupt nicht am Fahrrad. Vielmehr schaue ich mir die Beckenposition, den Wirbelsäulenverlauf, den Schultergürtel, die Beine und die Füße an, um Besonderheiten aufzuspüren. Wir tasten und tüfteln uns durch den Körper und was wir dabei feststellen, ist bei Weitem nicht immer pathologisch. Beinlängendifferenzen sind beispielsweise gar nicht mal so selten und häufig funktionell und nicht anatomisch. Die Knochen sind also nicht unterschiedlich lang, sondern durch Fehlhaltungen wie Beckenschiefstände sind die Beine eher gegeneinander verschoben. Bei etwa jedem dritten bis vierten Bikefitting stellen wir eine solche Beinlängendifferenz fest. Ein wichtiges und sehr hilfreiches Element sind dabei Cleat-Spacer. Sie helfen, Asymmetrien, die durch Beinlängendifferenzen aber auch andere Besonderheiten entstehen, auszugleichen und die Verbindung zwischen Fahrer*in und Fahrrad zu optimieren.
Was genau sind Cleat-Spacer?
Cleat-Spacer sind Millimeter-dünne, Cleat-förmige Plastik-Platten. Sie werden zwischen dem Schuh und dem Pedalplatten-System (Cleat) geschoben und verändern so die Distanz des Fußes zur Pedalachse. Die Entscheidung, ob Cleat-Spacer sinnvoll sind oder nicht, hängt stark von der Sitzposition und den Kompensationsstrategien des Fahrers oder der Fahrerin ab.
Wann kommen Cleat-Spacer im Bikefitting zum Einsatz?
Im Rahmen eines Bikefittings setzen wir Cleat-Spacer ein, wenn bestimmte strukturelle oder funktionelle Auffälligkeiten vorliegen. Häufige Einsatzbereiche sind:
1. Beinlängendifferenz ausgleichen
Schon wenige Millimeter Unterschied in der Beinlänge, ob anatomisch oder funktionell, können zu einseitiger Belastung und einer verschobenen Sattelposition führen. Das kann auf Dauer zu Beschwerden im Knie, Becken oder Rücken führen. Auch Sattelprobleme hängen häufig mit Beinlängendifferenzen und der damit asymmetrischen Sitzposition auf dem Sattel zusammen. Ein Cleat-Spacer unter dem kürzeren Bein hilft, das System auszugleichen und wieder in Balance zu bringen.
2. Asymmetrischer Tritt oder Beckenschiefstand
Wenn das Becken beim Pedalieren sichtbar rotiert oder einseitig kippt, kann ein Spacer unter einer Seite helfen, die Hüfte zu stabilisieren und den Tritt zu harmonisieren. In Kombination mit weiteren Anpassungen im Setup können wir so Beckenschiefstände sinnvoll ausgleichen.
3. Fußfehlstellungen oder Druckprobleme
Auch bei strukturellen Besonderheiten wie Platt-, Hohl- oder Spreizfuß oder bei empfindlichen Fußsohlen kann ein Spacer sinnvoll sein, beispielsweise, um die Druckverteilung unter dem Fuß zu verbessern oder den Winkel der Fußstellung zu korrigieren.
Einsatz bei verschiedenen Pedalsystemen
Wir nutzen Cleat-Spacer bei verschiedenen Pedalplatten-Systemen, sowohl bei Rennrad-Systemen wie Shimano SPD-SL, Look Keo oder Speedplay als auch im MTB- und Gravelbereich wie Shimano SPD oder Look X-Track. Wichtig ist dabei immer die Kombination aus dem richtigen Schuh, dem passenden Pedal und einer durchdachten Anpassung.
Bei Rennrad-Schuhen sind die Montageflächen häufig groß genug für sauberen Halt der Spacer. Im MTB- oder Gravelbereich achten wir besonders auf die Sicherheit und Stabilität der Verschraubung. Dabei sind Spacer, die nur unter MTB-Cleats montiert werden, häufig sehr instabil und können zudem das Einklicken behindern. Ein seitliches Kippen des Schuhs auf der Pedale kann auch eine ungewollte Folge von Cleats im MTB- und Gravel-Bereich sein. Ein System, das alle diese Probleme löst ist das Walkable-System von Form aus UK. Danke Ronan, du kleiner Daniel Düsentrieb, dass du dieses riesige Problem der vergangenen Jahre gelöst hast!
Hier findest du das MTB-/Gravel Spacer-System
Hier findest du das Rennrad Spacer-System
So läuft die Anpassung im Bikefitting ab
Ein Cleat-Spacer sollte immer erst nach einer genauen Analyse des Bewegungsapparates und der individuellen Radposition zum Einsatz kommen. Bei unseren Bikefittings analysieren wir daher zu Beginn immer die Bewegungsmuster und Beschwerden genau.
Dabei prüfen wir unter anderem:
- Beckenstellung und -bewegung im Stand, in Bewegung und beim Tritt
- Sichtbare und/oder messbare Beinlängenunterschiede
- Sattelposition
- Knieposition
- Vorherige Verletzungen oder Einschränkungen
Erst wenn alle relevanten Faktoren betrachtet wurden, testen wir den Einsatz von Cleat-Spacern in kleinen Schritten, mit klarer Beobachtung der Wirkung. Bei sehr deutlichen Beinlängendifferenzen wie mehreren Zentimetern erfordert eine Anpassung mit Cleats häufig mehrere Einheiten mit wochenweisen Abständen zwischen einzelnen Terminen, um den Körper nicht mit zu drastischen Veränderungen zu überfordern.
Fazit: Klein, aber wirkungsvoll
Cleat-Spacer können in den richtigen Fällen ein entscheidender Baustein für mehr Komfort, Symmetrie und Effizienz auf dem Rad sein. Wenn du regelmäßig Beschwerden auf nur einer Seite spürst, sich dein Tritt unrund anfühlt oder du bereits weißt, dass du eine Asymmetrie mitbringst, lohnt sich ein genauer Blick.